Novartis baut um – Wirtschaft

Da dieses Jahr für Novartis den Beginn einer neuen Ära markiert, wird das Pharmaunternehmen an den Februarmorgen sehr wachsam sein. CEO Vas Narasimhan, der das Amt vor genau fünf Jahren übernommen hat, spricht kurz und trocken über die Zahlen für das vierte Quartal und das Gesamtjahr 2022, was möglicherweise auf eine durchwachsenere Bilanz zurückzuführen ist: Der Nettogewinn ging um 71 % zurück. Zinsen stiegen auf 6,96 Milliarden US-Dollar, was auch auf den Verkauf der Roche-Beteiligung zurückzuführen ist, der das Vorjahresergebnis stark beeinflusst hat. Doch darüber hinaus sehen Analysten Schwächen, etwa bei der Umsatzentwicklung. Auch die Bilanz sorgte an der Börse nicht für Begeisterung, die Novartis-Aktie gab leicht nach. Auf dem Novartis-Campus in Basel, unweit des Rheins, herrscht Aufbruchsstimmung? Sie werden es diesen Mittwoch nicht spüren.

Noch in diesem Jahr soll es fertig werden und sich von einem ehemaligen Ladengeschäft zu einem reinen Pharmaunternehmen wandeln. Novartis-Chef Narasimhan hat den ehemaligen Konglomerat seit seinem Amtsantritt im Jahr 2018 neu organisiert, indem er zunächst sein rezeptfreies Arzneimittelgeschäft verkaufte und dann 2019 die auf ophthalmologische Produkte und Medikamente spezialisierte Novartis-Tochter Alcon ausgliederte. . Der letzte Schritt steht im zweiten Halbjahr 2023 an: Novartis will seine Generika-Tochter Sandoz, also das Generika-Geschäft, loswerden. Eine Kotierung an der Schweizer Börse ist geplant, ein Verkauf aber noch nicht ausgeschlossen. Am Mittwoch gab das Novartis-Management bekannt, dass die Abspaltung “auf Kurs” sei. Bis Ende 2023 darf sich der Konzern nur noch mit “innovativen Medikamenten” befassen, also solchen, die durch Patente geschützt sind und damit hohe Umsätze und Gewinne versprechen. Bereits jetzt stammen 80 Prozent des Umsatzes von Novartis aus dem Geschäft mit neuen Medikamenten.

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Novartis folgt damit einem großen Trend in der Pharmaindustrie. Fast alle großen Unternehmen der Branche trennen sich seit mehreren Jahren von sogenannten Nebengeschäften und profilieren sich als stärker forschungsorientierte Arzneimittelhersteller. Entwickelt, um die Stärken eines spezialisierten Unternehmens zu bündeln und das Innovationstempo zu erhöhen, das letztendlich Geld bringt.

Aber kann es funktionieren? Ist Fokussieren wirklich so ein Selbstläufer? Bislang erwirtschaftet Sandoz mindestens ein Fünftel seines Umsatzes, und im Gegensatz zu riskanten Neuentwicklungen läuft das Geschäft mit Generika meist zuverlässig.

CEO Narasimhan glaubt nach wie vor an seine Strategie. Er erinnerte am Mittwoch daran, dass die meisten Pharmaunternehmen diversifizierter waren als heute. “Aber das hat wenig dazu beigetragen, die Volatilität des Geschäfts zu verringern.” Hinzu kommt, dass sich die Forschung sehr schnell entwickelt. „Es ist schwer, das beizubehalten und nebenbei noch Kontaktlinsen und Generika herzustellen“, sagte Narasimhan.

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Und noch einmal: Novartis gehörte während der Pandemie nicht zu den Pharmaunternehmen, die in Sachen Impfstoffe, Medikamente oder Tests etwas beitragen konnten. Sowohl die Impfstoff- als auch die Diagnostiksparte von Novartis waren zu Beginn der Pandemie lange ausverkauft. Roche, ein lokaler Konkurrent auf der anderen Rheinseite, konnte über seine Diagnostiksparte Corona-Tests in die Welt bringen. Novartis hingegen sollte in die Rolle des Lieferanten schlüpfen und Biontech bei der Abfüllung seines Impfstoffs helfen.

Eine Pandemie ist nicht normal. Und Novartis, die ebenfalls Teil der Realität ist, befindet sich noch mitten in einer Transformationsphase. Der Konzern kündigte im vergangenen April an, seine Pharmasparte mit seiner Sparte für Krebsmedikamente zu fusionieren, was zu einer neuen Sparte “Innovative Medicines” führen würde. Hinzu kommen weitere Veränderungen auf Führungsebene des Konzerns – und ein drastischer Stellenabbau. Novartis gab im vergangenen Sommer zu, weltweit 8.000 seiner damals 108.000 Mitarbeiter entlassen zu wollen. „Der Boss könnte härter sein“, schrieb der Schweizer Handelszeitung damals in Anspielung auf den „souveränen“ Kulturwandel, den Vas Narasimhan bei seinem Amtsantritt 2018 ankündigte.

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Tatsächlich ist fünf Jahre später der ursprüngliche Charme des 46-jährigen Narasimhan verblasst. Am Mittwoch fragte American seinen Finanzchef Harry Kirsch nach dem Stellenabbau: Er sagte, die meisten Entlassungen würden in diesem Jahr stattfinden. Das Unternehmen beschäftigt derzeit nur 106.000 Mitarbeiter.

Narasimhans Strategie, Gewicht zu verlieren und tatsächlich zu reduzieren, könnte der richtige Weg nach vorne sein. Die Hauptrolle spielt jedenfalls Marie-France Tschudin. Der Schweizer Manager, der bisher für die Pharmasparte von Novartis verantwortlich war, hat die Führung des neuen Bereichs innovative Arzneimittel übernommen und wird zusätzlich als „Chief Commercial Officer“ fungieren. Damit ist sie nach Narasimhan die zweitgrößte und möglicherweise die mächtigste Frau der Schweizer Wirtschaft. Darin konzentriert sich Novartis auf fünf therapeutische Schlüsselbereiche – Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Immunologie, Neurologie, solide Tumore und Hämatologie – sowie auf die Schlüsselmärkte USA, China, Japan und Deutschland.

Dass die Pharmaindustrie zunehmend unter Preisdruck gerät, macht Tschudins neuen Job nicht einfacher. „Das Gesundheitswesen sollte als Investition betrachtet werden, nicht als Ausgabe“, sagte er am Mittwoch gegenüber Reportern. Ob sie die Gesundheitsminister in den Schlüsselmärkten von Novartis überzeugen kann, muss die neue starke Frau in Basel erst noch zeigen.

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