
Berlin (dpa) – Der Bundesrechnungshof hat die Haushaltspolitik der Bundesregierung scharf kritisiert. „In den 70 Jahren Bundesrepublik hat der Bund einen Schuldenberg in Höhe von 1,3 Billionen Euro angehäuft. In drei Jahren – 2020-2022 – wird der Berg auf unglaubliche 800 Milliarden Euro ansteigen und 2 Billionen überschreiten Euro“, sagte er. Kay Scheller, Vorsitzender des Rechnungshofs des Deutschen Redaktionsnetzwerks (RND/Mittwoch).
Der Jurist nahm auch die Ampelkoalition und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zur Vertuschung der wahren Lage in die Pflicht. „Viele Teilbudgets und eine immer kreativere Buchhaltung schaffen Intransparenz.“
Diverse Krisen wie Infrastruktur, Verteidigung, Digitalisierung und Klimawandel sowie der demografische Wandel und die hohe Inflation würden derzeit „einen toxischen Mix ergeben“, sagte Scheller. “Die Stabilität der öffentlichen Finanzen ist gefährdet.”
Das Interesse stieg um das Zehnfache
Die Verschärfung der Lage zeige sich auch am Anstieg der Zinsen: „2021 zahlte der Bund knapp 4 Milliarden Euro an Zinszahlungen, 2023 werden es 40 Milliarden Euro sein – eine Verzehnfachung mit weiter steigender Tendenz.“ Sheller plädierte dafür, die Schuldenbremse beizubehalten, weil sie die Politik zu klaren Entscheidungen zwinge und sich an wirtschaftliche Gegebenheiten anpassen könne. Allerdings wird es trotz der Zusicherung der Regierung derzeit nicht umgesetzt.
Das Bundesfinanzministerium habe Betrugs- und Intransparenzvorwürfe “vehement” zurückgewiesen, erklärte eine Sprecherin. Die Berechnungen der Rechnungskammer sind unklar. „Das Grundgesetz enthält klare Vorgaben zur Berechnung der Nettoverschuldung des Haushaltsgesetzgebers. Diese Kreditaufnahme und die damit verbundenen Sondervermögen werden im Haushaltsplan übersichtlich und verständlich dargestellt. Der entsprechende Haushaltsentwurf, insbesondere für Sondervermögen, enthält sehr detaillierte Aufstellungen von Ausgaben und Einnahmen, auch die Entwicklung der Rücklagen ist klar nachvollziehbar.
Problematisch hält der Rechnungshofvorsitzende auch anhaltend hohe Subventionen, etwa beim Einsatz von Bussen im Nahverkehr – diese würden sich am Dieselverbrauch orientieren. „Je höher der Konsum, desto größer die Erleichterung. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen“, kritisierte Scheller. “So kann es nicht weitergehen.” Der Bund soll nicht länger Steuererleichterungen in Milliardenhöhe an Bundesländer verteilen dürfen.
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